Geofakte und Artefakte

Levalloisspitze
Levalloisspitze.
Silexspitze
Silexspitze.
Schaber
Schaber.

Bereits im 19. Jahrhundert machten sich Archäologen darüber Gedanken, was eigentlich ein Artefakt ist. Der Grund hierfür war, dass man noch keine Terminologie bzw. keine Definitionen für die unterschiedlichen Steinartefakte entwickelt hatte. In den altpaläolithischen Schichten fand man oftmals Steine, die zwar Merkmale von Artefakten aufwiesen aber dennoch keine waren. Es handelte sich hierbei um Pseudo- bzw. Geoartefakte, die man damals auch als "Eolithen" bezeichnete. Man ging längere Zeit davon aus, dass diese Eolithen die ältesten Artefakte des Menschen seien, d.h. es stand zunächst nicht fest, dass es Pseudoartefakte waren. Dieser Artefaktgattung widmete man eine eigene Periode: das Eolithikum. Mortillet untergliederte diesen Zeitabschnitt sogar in zwei aufeinanderfolgende Epochen, die er im Französischen als "Thenaysien" und "Puycournien" bezeichnete.

 

Manche Forscher glaubten sogar, in diesen Pseudoartefakten Kunst erkennen zu können. Beispielsweise war sich Boucher de Perthes sicher, altpaläolithische Figurinen gefunden zu haben. Allerdings handelte es sich bei den besagten Gegenständen um natürlich modifizierte Steine. 

 

Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde man darauf aufmerksam, dass diese Eolithen auch in Schichten zu finden waren, die weitaus tiefer lagen als die altpaläolithischen Ablagerungen. Mit dieser Beobachtung konnte gesichert bewiesen werden, dass lange vor dem ersten Hominiden in Europa schon die Eolithen dort waren. D.h. es konnten keine intentionell gefertigten Werkzeuge sein.

 

Es mussten dennoch Merkmale herausgearbeitet werden, die ein Artefakt eindeutig als solches identifizierbar machten. Bisher wurden folgende Punkte zur Differenzierung von Geo- und Artefakten festgehalten: 

  1. Der Fundkontext. Ein geologisch ortsfremdes Stück, welches eindeutig nicht durch natürliche Umlagerungsprozesse an einen Ort gelangt und mit weiteren Funden vergesellschaftet ist, besitzt „Artefaktcharakter“. 
  2. Abschläge müssen Schlagflächenreste sowie eine Dorsal- und eine Ventralseite aufweisen.
  3. Retuschen sollen einen spitzen Winkel aufweisen, weit auf das Artefakt reichen und regelmäßig sein.
  4. Es muss eine intentionelle Form erkennbar sein.
  5. Das Objekt sollte „handlich“ sein.
  6. Kerne und Gerölle müssen mehrere Negative aufzeigen.

Steinartefakte

Prähistorische Lithothek praehistorisch-lithothek.de
Silexrohmaterial aus Bayern Uni-erlangen.de
Silexrohmaterial aus Europa flintsource.net

Schlagmerkmale

Bevor die einzelnen Artefakte direkt bestimmt werden können, muss der Archäologe zunächst wissen, wie er ein Artefakt überhaupt beschreiben kann.

Dazu wurde folgendes Schaubild mit der Überschrift "Schlagmerkmale" fertig gestellt. Darauf ist eine Klinge von der Vorderansicht (Dorsalfläche), der Seitenansicht (Artefakt um 90° nach rechts gedreht) und von der Draufansicht (Ventralfläche) zu sehen.

Wenn man Artefakte bestimmen möchte, führt kein Weg an dieser Darstellung und den damit verbundenen Vokabeln/Begriffen vorbei!

Typische Schlagmerkmale eines Artefaktes.

Verwendete Literatur

Autor Titel Seite
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Andrefsky Jr Lithics: Macroscopic Approaches to Analysis (Cambridge Manuals in Archaeology) -
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Brodribb Drawing Archaeological Finds for Publication -
Eriksen Flintstudier En handbog i systematiske analyser af flintinventarer -
Fiedler / Rosendahl / Rosendahl Altsteinzeit von A-Z -
Floss Steinartefakte: Vom Altpaläolithikum bis in die Neuzeit -
Griffiths Drawing Archaeological Finds: A Handbook (Occasional Paper - Institute of Archaeology, University of C) -
Hahn Erkennen und Bestimmen von Stein- und Knochenartefakten. Einführung in die Artefaktmorphologie. ( = Archaeologica Venatoria, Bd. 10) (Archaeologica Venatoria) 23-33, 51-54
Hellweg Flintknapping -
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Kipfer Dictionary of Artifacts -
Lehmann Göttinger Typentafeln zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas: Mesolithikum -
Mortillet Classification Palethnologique Tableau de la classification
Odell Lithic Analysis (Manuals in Archaeological Method, Theory, and Technique) -
Peyrony Éléments de Prehistoire 18
Roux / Bril (Hrsg.) Stone Knapping: The Necessary Conditions for a Uniquely Hominin Behaviour (McDonald Institute Monographs) -
Reid Moir Pre-palaeolithic man 7-30
Trigger A History of Archaeological Thought 150-152
Whittaker Flintknapping: Making and Understanding Stone Tools 11-54

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