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Mittwoch 15. April 2009 - 14:12 Uhr
Kategorie: Blog
Von: Jan

Wollt ihr mal ne Leiche sehen?

Österreicher gibt es viele. Es gibt aber nur zwei kleine Österreicher, die auf unterschiedliche Weise großes Aufsehen in der Welt erregten: Hitler und Ötzi. Ersterer interessiert uns im Rahmen der Prähistorischen Archäologie sehr wenig, der 1,58m kleine Ötzi aber umso mehr.


Nachdem im September 1991 die rund 5300 Jahre (Kupferzeit) alte Mumie eines Mannes in den Ötztaler Alpen oberhalb des Niederjochferner in 3210 m Höhe von zwei Bergwanderern gefunden wurde, führten Mitarbeiter des Instituts für Gerichtsmedizin der Universität Innsbruck eine sachgemäße Bergung des Toten durch. Die Mumie konnte auf natürliche Weise konserviert werden und fast ungestört mehrere tausend Jahre ruhen, weil sie in einer Querrinne lag, über die ein Gletscher hinweg glitt und diese erst wieder durch seinen Rückzug frei gab - der Klimawandel hat also doch seine Vorzüge.

Der kleine Mann aus dem Eis war zu seinem ungewollten Todeszeitpunkt ungefähr 40 Jahre alt und auf der Durchreise über die Alpen. Durch gerichtsmedizinische Untersuchungen konnte sein Tod weitgehend rekonstruiert werden: ein Pfeilschuss in die linke Schulter verursachte eine lebensbedrohliche Verletzung, welche eine Verblutung innerhalb weniger Minuten zur Folge gehabt habe. Eine alternative These von Gerichtmedizinern geht davon aus, dass der Pfeil in der Schulter den ötzi lediglich wehrlos gemacht und er im Anschluss daran von seinem Gegner einen Schlag auf den Kopf erhalten habe. Im Anschluss soll Ötzi zu Boden gegangen und an den Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas gestorbern sein.

Was für den Ötzi zu einer Tragödie wurde, ist für Archäologen eine außergewöhnliche und erfreuliche Sensation, denn nur sehr selten kommt es vor, dass vergleichbare Funde gemacht werden. Dem Gletschereis ist es nicht nur zu verdanken, dass der Körper so gut erhalten ist, sondern auch alle weiteren organischen Materialien, die er mit sich trug. Solche Materialien zersetzen sich gewöhnlich sehr schnell und sind anschließend archäologisch nicht mehr nachzuweisen. Bei diesem Fund aber konnten viele organische Gegenstände konserviert werden, die beispielsweise viel Aufschluss über die Kleidung der Menschen geben können.

Der Körper wurde fotografisch eingescannt und ist auf der unten genannten Internetseite aus 12 verschiedenen Blickwinkeln und sogar in 3D betrachtbar.

Sehr hochauflösende Bilder von der Mumie von Similaun gibt es unter http://iceman.eurac.edu/ zu bestaunen, sofern man dem durchaus ungewohnt hochauflösendem Anblick einer Leiche standhalten kann.


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