Samstag 3. Oktober 2009 - 15:49 Uhr
Kategorie: Blog
Von: Jan

Ist Sex der Grund für den aufrechten Gang?

Vor wenigen Tagen wurden zahlreiche Forschungsergebnisse zu einem vormenschlichen Skelett mit dem Spitznamen „Ardi“ veröffentlicht. „Ardi“ ist eine sie und lebte vor knapp 4,4 Millionen Jahren in der Gegend des heutigen Äthiopien.

Die zierliche Dame ist wesentlich älter als „Lucy“. Sie wog ungefähr 50 Kilo, war 120cm groß und gehört zu der Gattung Ardipithecus ramidus. Wie jeder Fund aus dieser Zeit, so ist auch „Ardi“ für die Erforschung der menschlichen Evolution äußerst wertvoll.

Das Skelett von Ardi wurde aus 100 Knochenstücken von 36 verschiedenen, seit 1994 gefundenen Individuen zusammengesetzt und eingehend erforscht. In dem US-Fachmagazin Science wurden kürzlich elf Artikel von Forschern aus aller Welt zu diesem Fund veröffentlicht.

Zu den wichtigsten Erkenntnissen über „Ardi“ gehört, dass sie sich sowohl auf Bäumen aufhielt und dort kletterte als auch am Boden zu Fuß aufrecht fortbewegte. Diese Ergebnisse wurden durch Untersuchungen an ihren Händen mit längeren Fingern, Füßen mit längeren Zehen und ihrem Becken gewonnen. Während ihre Schädelbasis bereits dem unserer Vorfahren sehr ähnlich ist, hat ihr Gehirn noch die Größe eines Schimpansen. Dennoch zählen sie ihre Erforscher den Hominiden (Menschenartigen) zu.

Das rekonstruierte Klima um Ardi herum verwirft die bisherige These, dass die Vormenschen von ihrem Bäumen herunter in die trockene Savanne getrieben wurden und dort den aufrechten Gang erlernten. Ardi lebte in einer Gegend mit hohen Bäumen und kühlem Klima. Der eigentliche Grund für ihren aufrechten Gang scheint demnach nicht das Klima zu sein.

Der amerikanische Wissenschaftler Owen Lovejoy geht davon aus, dass „Ardi“ sich gegen Essen für Sex angeboten habe und dies der Grund für ihren aufrechten Gang sei. Die durch den aufrechten Gang frei gewordenen Hände würden es den Männchen leichter machen, den Frauen Nahrung zu besorgen. Die Weibchen hingegen, so auch Ardi, laut Owen Lovejoy, würden sich zum Dank ihren Nahrungsspendern hingeben. Eine recht moderne Hypothese aber ob da etwas dran ist, wird wohl nicht endgültig geklärt werden können.

Ardis Skelett wurde in derselben Region gefunden wie auch das von Lucy, nämlich in der Afar-Region im Nordwesten Äthiopiens. Es verbindet einige unterschiedliche Charakteristika von Schimpansen und Affen in sich, sodass von Wissenschaftlern als Mosaikwesen bezeichnet wird.

Die Bezeichnung Ardipithecus deute auf ein „Mischwesen“ hin, das weder eindeutig zu den Affen noch zu den Menschen gezählt werden kann. Es ist eine Gattung für sich, so Tim White von der Universität in Berkeley (USA). Da sich in Ardis Fundschicht zahlreiche Pflanzenreste und Tierfossilien befanden, konnte ihre Umwelt rekonstruiert werden. Sie lebte wohl in kühlen, feuchten, dichtbewachsenen Wäldern, in denen sie sich nicht nur von Nüssen und Früchten, sondern auch von Insekten und Kleintieren ernährte.

Das Skelett kommt der fehlenden Verbindung in der Abstammungsreihe von Menschen und Affen näher als kein anderes zuvor. Ardi habe bereits vor rund 6 Millionen Jahren gelebt und aus ihr könnten sich später die Affen und Menschen entwickelt haben.

Links:

http://ngm.nationalgeographic.com/human-evolution/human-ancestor

http://dsc.discovery.com/news/2009/10/01/ardi-human-ancestor.html

http://www.npr.org/templates/story/story.php?storyId=113387960

http://science.orf.at/stories/1628557/

http://www.huffingtonpost.com/2009/10/01/ardi-oldest-human-skeleto_n_306033.html

http://www.welt.de/wissenschaft/article4700531/Sensationsfund-Ardi-weder-Tier-noch-Mensch.html

http://www.sciencemag.org/ardipithecus/

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