Im 19. Jahrhundert ging man noch davon aus, dass der paläolithische Mensch ausschließlich in Höhlen wohnte. Heute wissen wir es besser. Selbst der europäische Homo erectus bzw. Homo heidelbergensis baute sich schon temporäre Unterkünfte. Aus Bilzingsleben sind mehrere solcher Zelte bekannt geworden. In Höhlen hielt man sich natürlich auch auf – aber zur zeitweise. In der Erforschung neolithischer Behausungen gab es ebenfalls mehrere Wendepunkte. Mit der Entdeckung des „Pfostenloches“ durch Carl Schuchhardt beim römischen Legionslager Haltern und der „Römerschanze“ in Potsdam eröffnete sich der Vorgeschichtsforschung ein völlig neues Feld: die Siedlungsarchäologie.
Die „Römerschanze“ bei Potsdam und das Legionslager von Haltern datierten in die bereits historisch gewordene Eisenzeit. Man machte sich bald Schuchhardts Erkenntnisse für die Erforschung neolithischer Siedlungen zu nutzen. Aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kannten Archäologen schon neolithische „Pfahlbauten“. Diese konnten sie nur deswegen erkennen, weil sich die Pfosten unter Luftabschluss im Wasser der Schweizer Seen erhalten hatten. Über Siedlungen an Land wusste man wenig. Durch die Identifizierung des Pfostenloches als archäologischer Befund konnten nun auch Siedlungen ohne Holzerhaltung erforscht werden. Es konnte nachgewiesen werden, dass an einer bestimmten Stelle einst ein Pfosten in die Erde gegraben wurde und dieser nach seinem Zerfall eine dunkle Verfärbung zurückgelassen hatte.
Damit war die Möglichkeit gegeben, das Fundament neolithischer Häuser zu erkennen. Wie aber sah so ein Haus oberhalb der Erde aus? Welche Form hatte das Dach, welche Farbe die Wände? Gab es Türen und Fenster wie bei uns heute? Wie war die innere Struktur eines bandkeramischen Gebäudes? Gab es Zimmer mit unterschiedlichen Funktionen wie heute? Diese Fragen allein mit Verfärbungen/Pfostenlöchern im Planum zu beantworten ist eine schwierige Angelegenheit.
Sepp Albrecht hat sich einen früheren Klassiker zur Rekonstruktion neolithischer Häuser in Mitteleuropa von Helmut Luley durchgelesen und für uns rezensiert. Er selbst hat sich experimentell mit dem Aufbau solcher Häuser beschäftigt und verfolgt im Gegensatz zu Helmut Luley einen weniger mathematischen Ansatz. Die Rekonstruktion neolithischer Häuser sollte weniger zentimetergenaue Abmessungen berücksichtigen, sondern auf die grundsätzliche Systemgleichheit der Pfosten sowie einen nachvollziehbaren Bauablauf achten. In bandkeramischer Zeit hat es keine Maßeinheit gegeben wie wir sie heute haben, sondern ein „konstruktives Grundmaß“ (kG). D.h. man hat bei der Errichtung eines Hauses auf den Menschen bezogene „Vergleichslängen“ verwendet. Darauf hat Sepp bereits in unserem Wiki hingewiesen und nun auch in seiner Rezension.
mfg
Jan & Sepp
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