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Mittwoch 7. Dezember 2011 - 18:20 Uhr
Von: Jan

Neues Kapitel: Kulturgeschichtliche Archäologie

„Lebensraum“, „Kulturkreis“ und „Rasse“ gehörten zu zentralen Begriffen der kulturgeschichtlichen Archäologie des frühen 20. Jahrhunderts. Vom Nationalismus und Rassismus beeinflusst, entwickelten sie ein Kulturkonzept, in dem Populationen mit der Verbreitung von Formen und Verzierungen gleichgesetzt wurden. Den Evolutionisnismus der Vorgänger lehnte man ab. Menschliches Handeln sei nie auf Fortschritt ausgerichtet gewesen.


Ausschnitt eines Gemäldes von Herman Heyenbrock, 1890.

Ein Blick in die Forschungsgeschichte zeigt uns, dass es sich bei der archäologischen Arbeit seither um eine Auseinandersetzung mit den materiellen Hinterlassenschaften unserer „Vorfahren“ handelt. Auf den zweiten Blick erkennen wir aber, dass diese Arbeit auf verschiedene Weise stattgefunden hat. Ein Beispiel: Heute wird bei der Untersuchung paläolithischer Höhlen kein Dynamit mehr verwendet. Warum? Wir machen es nicht mehr, weil wir inzwischen gemerkt haben, wie wertvoll Kontextinformationen sind. Ein Fund kann ganz anders interpretiert werden, wenn man weiss, aus welcher Schicht er stammt, wo er dort gefunden wurde und in welcher Beziehung er zu anderen Funden aus derselben Schicht steht. Die Herangehensweise und der Umgang mit Artefakten haben sich seit dem 19. Jahrhundert offensichtlich verändert. Heute argumentieren Archäologen beispielsweise anders als vor 20 oder 150 Jahren. Sie verwenden auch Methoden, die es zu diesen Zeiten noch nicht gab. Die Gründe für diesen Wandel in der Argumentation und für das Entwickeln neuer Methoden sind auf die unterschiedliche theoretische Ausrichtung der Archäologen zurückzuführen.

 

Unsere Herangehensweise an die Vergangenheit ist von einem theoretischen Standpunkt geprägt. Der wiederum resultiert oft aus unserem Zeitgeist heraus. Archäologen zur Zeit des Nationalsozialismus setzten sich mit Fragen auseinander, die sich auf Germanen und menschliche „Rassen“ bezogen. Auch spielte die Dominanz einer Kultur über andere Kulturen eine Rolle.

Wenn wir unseren Arbeiten einen linearen Evolutionismus zugrunde legen wie es im 19. Jahrhundert getan wurde, dann gehen wir davon aus, dass es in der Geschichte eine klare Entwicklung vom Groben zum Komplexen gegeben hat. Wir würden Artefakte nur deswegen weit in die tiefe Vergangenheit datieren, weil sie primitiv aussehen. Genauso würden wir mit der Sicht auf den Verstand des Menschen verfahren. Ausgehend von Evolutionismus würden wir zu dem Ergebnis gelangen, dass den menschlichen Handlungen in der Altsteinzeit weitaus einfachere, also primitive Gedankengänge zugrunde liegen müssten. 

 

Heute betrachten wir Artefakte und fragen nach dem Individuum dahinter. Unsere Diskussionen und Arbeiten befassen sich mit Geschlechterforschung, Rückstandsanalysen in Gefäßen, dem Funktionieren von Gesellschaften oder beispielsweise kulturellen Kontakten in der Vergangenheit.

 

Mit dem Kapitel zur kulturhistorischen Archäologie beginnen wir damit, theoretische Ausrichtungen in der Archäologie des 20. Jahrhundert vorzustellen. Du wirst sehen, dass Theorie keineswegs ein trockenes Thema ist, für das Unmengen an Druckerschwärze und Papier verwendet werden. Theorie ist vielmehr der Kern unserer Arbeit, der uns zu neuen Fragen und Ideen inspiriert.

 

 

viele Grüße,

Jan


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