Open Source SFM – Visual SFM

Texturiertes Modell © FLORIAN TUBBESING 2014

Visual SFM ist ein frei verfügbares Paket verschiedenster Tools, die mittels graphischer Benutzeroberfläche dahingehend verknüpft sind, dass sie dem Anwender einen einfachen Einstieg in die Welt von Structure from Motion ermöglichen. Somit handelt es sich nicht um ein weiteres SFM-Toolkit sondern um ein eigenes Programm. Der Hauptverantwortliche für dieses Projekt ist Changchang Wu, der diverse eigene Tools (SiftGPU, Multicore Bundle Adjustment, Towards Linear-time Incremental Structure from Motion) mit Tools anderer Programmierer (Michal Jancosek (CMP-MVS), Yasutaka Furukawa (PMVS/CMVS) verknüpft hat, um einen einfachen Workflow mit GUI und somit ohne komplizierteres Command Line Interface für den User zur Verfügung zu stellen.

Pro

  • Das Programm bietet grafikkartenoptimierte Algorithmen, wodurch die Rechenzeit um einen nicht unerheblichen Faktor reduziert wird. Dadurch wird das Programm auch für Nutzer mit normaler Rechenleistung interessant.
  • Es wird eine sehr einfache Handhabung bereitgestellt, so dass die programmspezifische Lernkurve fast nicht vorhanden ist. 
  • Es reichen einfache Fotos aus. Eine Kamera-Kalibrierung wie sie z.B. beim kommerziellen Programm „PhotoModeler“ benutzt wird, ist für Visual SFM nicht nötig.
  • Das Programm bietet neben einem detaillierten Task Viewer, der jeden einzelnen Schritt schriftlich dokumentiert, auch eine 3D-Oberfläche, welche den Rechenprozess live visualisiert. Somit ist die Umsetzung der Fotos in ein 3D Modell sehr gut nachzuvollziehen.
  • Keine Installation notwendig.
  • Mit 85MB sehr klein.
  • Es treten keine Kosten auf!

Contra

  • Für kleine Objekte eignet sich das Programm leider nicht. Nach einigen Tests an verschiedenen kleinen Objekten mit unterschiedlichem Lichteinfall, Oberflächen und Hintergründen kamen wir zu dem Schluss, dass keine brauchbaren Ergebnisse geliefert werden konnten.
  • Yasutaka Furukawa´s PMVS/CMVS Tool wird unbedingt benötigt, wird jedoch nicht beim Download mit zur Verfügung gestellt. Man muss dieses Tool separat herunterladen!
  • Visual SFM stellt als Endprodukt „nur“ eine Punktwolke her. Um daraus ein Gitter zu erstellen, welches mit der fotorealistischen Textur versehen werden kann, ist eine Weiterbearbeitung mit anderen kommerziellen oder Open Source Programmen nötig. Dabei bietet sich MeshLab und Blender an, wobei diese Programme eine wesentlich steilere Lernkurve haben. Positiv ist allerdings, dass es diverse Videos im Internet gibt, die den anschließenden Prozess mit MeshLab und Blender dokumentieren.

Workflow

Arbeitsschritte VisualSFM © FLORIAN TUBBESING 2014

Schritt 1: Zuerst werden die Fotos hinzugefügt

Schritt 2: Die Fotos werden verschnitten und so ihre gemeinsamen Punkte bestimmt.

Schritt 3: Die Koordinaten der gemeinsamen Punkte im dreidimensionalen Raum werden berechnet um somit die genaue Position jedes Fotos festzulegen

Schritt 4: Da jeder gemeinsame Punkt mit Koordinaten belegt wurde, wird daraus eine dreidimensionale Punktwolke generiert (Für diesen Schritt wird Yasutaka Furukawa´s PMVS/CMVS Tool benötigt!).

 

 

Von VisualSFM errechnete Punktwolke © FLORIAN TUBBESING 2014

Die Punkte können per Tab-Taste mit Farben aus den Fotos gespeist werden, so dass man einen ersten Eindruck vom 3D Modell erhält.

 

 

Texturiertes Modell © FLORIAN TUBBESING 2014

Fazit

Visual SFM ist ein sehr kompaktes Paket, das sich durch eine einfache Handhabung auszeichnet und daher sehr gut für Einsteiger geeignet ist. Mit seinen Möglichkeiten zur Weiterverarbeitung der Daten in Meshlab und Blender richtet es sich auch an erfahrenere Nutzer. Die Ergebnisse bei größeren Objekten kommen dabei schon sehr nahe an die, kommerzieller Software heran.

Im Gegensatz zu teuren Programmen, wie o.g. Agisoft PhotoScan, fallen hier vor allem die geringen Systemanforderungen sehr positiv auf. Somit ist Visual SFM nicht nur eine günstige Alternative sondern wird für User ohne großen Arbeitsspeicher das Programm der Wahl sein. Nachteilig ist natürlich, dass weitere Programme neben Visual SFM benötigt werden, um ein fertiges 3D Modell zu generieren. Diese sind in kommerzieller Software schon integriert und vereinfachen so die Handhabung. Ebenfalls problematisch sind kleinere Objekte. Hier bieten sich wiederum die kommerziellen Programme an, die auch solche Gegenstände ohne Probleme berechnen können.

Schlussendlich bleibt aber zu sagen, dass Visual SFM eine der besten Open Source Alternativen zu Photoscan von Agisoft bietet. Für alle die sich ein 3D Modell zur einfachen Visualisierung wünschen oder hobbymäßig ihre Fotos in dreidimensionale Modelle verwandeln wollen, ist Visual SFM eine echte Alternative. Für den wissenschaftlichen Gebrauch ist es einfacher auf Stand-Alone Programme wie Agisoft´s Photoscan zurückzugreifen. Wer sich allerdings nicht scheut, Arbeitszeit in den Umgang mit verschiedener Open Source Software zu stecken, der kann als Endprodukt ebenfalls brauchbare Ergebnisse bekommen, deren Dateiformate in z.B. Open Source GIS (QGIS etc.) integriert werden können. Fakt ist allerdings, das die Qualität leider noch nicht an die kommerzieller Produkte heranreicht.

Structure from Motion

Structure from Motion (auch 3D-Fotogrammetrie) ist eine Methode zur Erstellung hochauflösender 3D-Modelle auf Grundlage einer Serie einfacher Einzelbilder.

Die verhältnismäßig junge Technik kommt bereits auf einigen Grabungen zur Befund- und Funddokumentation zum Einsatz. Sie ist wesentlich einfacher und billiger in der Anwendung als vergleichbare Techniken (z.B. Laserscanning) und liefert zudem bereits vollständig texturierte Modelle.

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