Unter Siedlungsarchäologie versteht man die Erforschung von Siedlungskomplexen in räumlicher und zeitlicher Hinsicht unter der zusätzlichen Berücksichtigung des natürlichen und vom Menschen gestalteten Umfeldes. Aufgrund der zu untersuchenden Wechselwirkung von Mensch und Siedlung und deren Verhältnis zur Umwelt gibt es keine eindeutige Trennlinie zwischen Siedlungs- und Landschaftsarchäologie. Heute steht das vollständige Ausgraben einer Siedlung, den zugehörigen Gräberfeldern und Verteidigungsanlagen zur Herausarbeitung der Wohn- und Wirtschaftsweisen im Mittelpunkt der Siedlungsarchäologie. Dabei werden auch religiöse, künstlerische und technische der Siedlungsbewohnerinnen und Bewohner erforscht.
Gustaf Kossinna prägte den Begriff der "Siedlungsarchäologie". Er versuchte im Rahmen einer ethischen Deutung der Frage nach dem Ursprung und der Ausbreitung der Germanen nachzugehen. Er interessierte sich im Kern dafür, wer wann wo gelebt hatte. Mit der Hilfe der Siedlungsarchäologie sollte es möglich werden, die Geschichten von "Völkern" zu untersuchen. 1928 kritisierte Albert Kiekebusch die Siedlungsarchäologie von Kossinna, weil diese sich nur mit Hinterlassenschaften aus Gräberfeldern und nicht mit den Siedlungen selbst befasste wie der Name es eigentlich vorgibt. Die Forderung wurde geäußert, dass ganze Siedlungen ausgegraben werden sollten, auch wenn dies langwierig und kostspielig sei. Bei der Siedlungsanalyse sollten auch Landschaftsmerkmale wie Klima, Bodenstrukturen und Waldbedeckung bedacht werden. Zu Beginn der 1930er Jahre wurden diese Forderungen umgesetzt, beispielsweise mit der Erforschung der Wikingersiedlung Haithabu. Parallel zu Grabungen in Haithabu schrieb Herbert Jankuhn Aufsätze über Sinn und Selbstverständnis der Siedlungsarchäologie.
Das Ergebnis dieser Auseinandersetzung war sein Handbuch zur Siedlungsarchäologie und seine Herausgeberschaft der Zeitschrift „Archäologie-Geschichte-Geografie“. Er forderte, dass Siedlungen möglichst vollständig ausgegraben werden sollten und die geschichtliche Entwicklung des Naturraums über naturwissenschaftliche Methoden in der Archäologie erfasst werden müssten. Unter siedlungsarchäologischen Forschungsquellen verstand er Grabfunde, die Siedlung selbst, Depots, Heiligtümer, Opferplätze, Burgen, Rohstoffgewinnungshinterlassenschaften und Spuren der Rohstoffverarbeitung sowie Zeugnisse landwirtschaftlicher Produktion. Im Bezug auf die Landschaft müssten Relief, Klima, Bodenarten und die Entwicklung von Flora und Fauna sowie deren Einflüsse auf die Siedlungsaktivitäten in die Forschung mit einbezogen und letztlich die Wechselwirkungen von Siedlung und Umwelt im Verlauf der Geschichte herausgearbeitet werden.
Auch von der Deutschen Forschungsgemeinschaft wurden siedlungsarchäologische Forschungen gefördert: 1969-77 „Vor- und frühgeschichtliche Besiedlung des Nordseeraumes"; im Anschluss das "Projekt Bodensee-Oberschwaben" bis 1983; 1983-1990 "Siedlungsarchäologische Untersuchungen im Alpenvorland"; Mitte der 1990er Jahre das Programm "Romanisierung".
Autor | Titel |
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Archäologie in Deutschland | Thema: Siedlungsarchäologie (Archäologie in Deutschland, Heft 3/1987) |
Amy Bogaard - Rüdiger Krause - Hans‑Christoph Strien | Towards a social geography of cultivation and plant use in an early farming community: Vaihingen an der Enz, south-west Germany. Antiquity 85/328, 2011, 395–416. |
Frank Daubner | Militärsiedlungen und Territorialherrschaft in der Antike (Topoi) |
Peter Haupt | Landschaftsarchäologie: Eine Einführung |
Herbert Jankuhn | Einführung in die Siedlungsarchäologie (Gruyter - de Gruyter Studienbücher) |
Herbert Jankuhn | Siedlungsarchäologie als Forschungsaufgabe |
Regierungspräsidium Stuttgart, Landesamt für Denkmalpflege | Siedlungsarchäologie im Alpenvorland XI: Die früh- und mittelbronzezeitliche »Siedlung Forschner« im Federseemoor. Befunde und Dendrochronologie |
Bruce G. Trigger | A History of Archaeological Thought |
Thema | Webseite |
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Settlement archaeology | www.sa.metu.edu.tr |
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