Die Kelten in der Latènezeit

Kelten Mann mit Bart und Halsring: Mšecké Žehrovice
Steinerne Büste von Mšecké Žehrovice, Tschechische Republik. Sie zeigt einen keltischen Mann mit Bart und Halsring. Es ist nicht sicher, ob der Ring am Hals einen "Torque" darstellt. Die 1943 gefundene Büste datiert in die späte Latènezeit. Kelten, Zeichnung © Jan Miera 2012.

Die Latènezeit datiert in das Zeitfenster vom 5. bis zum 1. Jahrhundert vor Christus. Um genau zu sein: von 480 bis 15 v. Chr. Während sich der Begriff Latènezeit auf sämtliche materiellen Hinterlassenschaften nördlich der antiken Welt bezieht, werden alle archäologischen Funde von Kelten der Latènekultur zugeordnet. Die Kelten sind das bisher älteste namentlich bekannte Volk. Sie selbst hinterließen keine schriftlichen Quellen. Dafür wurden sie von antiken Schriftstellern unter dem Namen „Keltoi“ erwähnt. Als erster schrieb Hekataios von Milet aus Kleinasien (550-490 v.Chr.) über die Kelten und ihr Siedlungsgebiet, die so genannte Keltikê. Den Überlieferungen nach befindet sich das keltische Kerngebiet nördlich der Alpen in Frankreich, Süddeutschland, Westungarn, Slowenien und Kroatien. Auch in Südostengland wurden Artefakte mit keltischen Motiven gefunden.

 

Wir werden uns schwerpunktmäßig diesen Themen zuwenden:

  • Chronologie und Leitformen der Latènezeit
  • Keltische Kunst
  • Protourbanen Siedlungen bzw. Oppida
  • Keltische Münzen
  • Fürstengräber und Sozialstrukturen

Tabelle 1: Gliederung der Latènezeit

Frühlatène Mittellatène Spätlatène
Lt A 480-420 v. Chr. Lt C1 260-220 v. Chr. Lt D1 120-50 v. Chr.
Lt B1 420-330 v. Chr. = Flachgräberzeit Lt C2 220-120 v. Chr. Lt D2 50-15 v. Chr.
Lt B2 330-260 v. Chr. = Flachgräberzeit    

Info-Box

Thema Link
Keltenmuseum am Glauberg www.keltenwelt-glauberg.de

Frühe Latènezeit

Der Beginn der Stufe Lt A kann für Süddeutschland absolut mit den Dendrodaten des Nordwest-Tores der Heuneburg auf circa 490/480 v. Chr. datiert werden. Zeitgleich treten jedoch im südostalpinen Raum in Gräbern noch Inventare der späten Hallstattzeit auf. Charakteristisch für die Stufe Lt A ist im deutschen Voralpenland die Certosa-Fibel. Typisch für die Stufe Lt B1 hingegen sind sowohl Münsinger- als auch Duxer-Fibeln.

 

Die erste Kultur in Deutschland, die keltische Einflüsse aufweist, ist die Hunsrück-Eifel-Kultur. Während in der Stufe Lt A noch Hügelgräber als Bestattungsort gewählt werden, vollzieht sich ungefähr zeitgleich mit dem Übergang von Lt A zu Lt B1 ein Wechsel dazu, die Verstorbenen in Flachgräbern beizusetzen. In derselben Stufe entwickeln sich Fibeln mit Fußscheiben, wobei nun auch die Bügel verziert werden. Während man für die Eliten noch eigene Grabhügel errichtete, werden weniger reiche Tote in älteren Grabhügeln nachbestattet. Als Beigaben sind neben Masken- und Tierkopffibeln Hals-, Arm- oder Fußringe typisch. In dieser Zeit erlebt die von Paul Jacobsthal 1944 für den europäischen Kontinent definierte „Early Celtic Art“ mit ihren einzelnen Stilen ihre Blüte. (J. Ahlrichs/J. Greif)

Schnabelkannen

Eine Leitform der frühen Latènezeit sind die so genannten Schnabelkannen. Hierbei handelt es sich um Gefäße mit einer länglich ausgezogenen Mündung. Die meisten Schnabelkannen wurden aus Bronze gefertigt. Sie wurden mit unterschiedlichen plastischen Appliken am oberen Rand und am Henkelansatz versehen. Zu den Motiven gehören neben Tieren und Menschen auch Pflanzen. 

 

Eine Kartierung der bisher bekannten Funde zeigt, dass sie sowohl nördlich als auch südlich der Alpen in Verwendung waren. Schnabelkannen wurden ursprünglich in Etrurien hergestellt und über die Alpen nach Süddeutschland verhandelt. Dort gelangten sie in den Besitz von wohlhabenden Personen. Eine bronzene Gürtelschnalle, die man bei Carceri unweit von Este gefunden hat, zeigt ein Situlenfest, in dem eine Schnabelkanne benutzt wird. Man kann davon ausgehen, dass diese Gefäße nicht im Alltag sondern bei besonderen Anlässen verwendet wurden. Schließlich wurden sie ihren Besitzern als Grabbeigabe ins Grab gelegt, beispielsweise beim Fürsten vom Glauberg.  

 Da sich nicht jeder ein solches Prestigegefäß leisten konnte, wurden auch Imitate aus Keramik und Metall hergestellt. Allerdings ist den meisten dieser Nachahmungen anzusehen, dass sie nicht aus Etrurieren stammen.

Mittlere Latènezeit

Mittellatèneschema
Eiserne Fibel nach dem Mittellatèneschema.
Mittellatèneschema
Fibeln nach dem Mittellatèneschema.

Die mittlere Latènezeit wird durch einen Rückgang der Fürstensitze und reichen Fürstengräber markiert. Der "Adel" drückt sich in seinen Bestattungssitten viel bescheidener aus als zuvor. In dieser Zeit werden Glasobjekte wie Ringe im größeren Maßstab verhandelt. 

 

Die mittlere Latènezeit wird durch einen Rückgang der sogenannten Fürstensitze und –gräber charakterisiert. Selbiges kann auch für alle sonstigen Gräber gesagt werden, die nun eher in kleineren Friedhöfen zu finden sind. Ferner nimmt die Kremation von Lt B2 zu Lt C1 deutlich zu. In Lt C werden Glasobjekte, unter anderem Ringe, in größerem Maßstab hergestellt und verhandelt. Entgegen Oscar Montelius‘ typologischer Methode ist der Glasschmuck anfangs sehr opulent und ausdrucksstark, wird dann aber immer einfacher und schlichter. Ein weiteres Charakteristikum für die mittlere Latènezeit sind Oppida, große stadtähnliche Siedlungen und Viereckschanzen. (J. Ahlrichs/J. Greif)

Späte Latènezeit

Der Beginn der späten Latènezeit (Lt D1) kann durch ihr Leitfossil, die Nauheimer-Fibel, sowie durch Helme des Typs Mannheim definiert werden. Für diesen Abschnitt der Latènezeit sind kaum Bestattungen bekannt; im östlichen Verbreitungsgebiet der Latène-Kultur weisen lediglich Funde von Menschenknochen in Siedlungen auf eine möglicherweise mehrstufige Bestattungssitte hin. Ausnahmen bilden hierbei die Gräberfelder von Bad Nauheim und Wederath-Belginum. Während in der Stufe Lt D1 noch Fibeln des Mittellatène-Schemas mit unterer Sehne vorkommen, weisen die Fibeln der Stufe Lt D2, vor allem die sogenannte „geschweifte“ Fibel, bereits in die folgende frühe römische Kaiserzeit. (J. Ahlrichs/ J. Greif)

Protourbane Siedlungen: Oppida

Beschäftigt man sich mit der Latènezeit, wird man auch außerhalb des Studiums auf den Begriff „oppidum“ (Plur. Oppida) stoßen. Dieser wurde von Caius Julius Caesar in seinem Werk „Der Gallische Krieg“ verwendet und stammt verständlicherweise aus dem Lateinischen, was „befestigte Stadt“ bedeutet. Die Archäologie übernahm dieses Wort und beschreibt damit bis heute eine besondere latènezeitliche Siedlungsform.

In der ur- und frühgeschichtlichen Archäologie beschreibt das Wort Oppidum latènezeitliche Zentralorte, die sich durch eine besondere verkehrsgeographische Lage ausgezeichnet haben, welche sie zu wichtigen Handelszentren ihrer Zeit werden ließen. Per definitionem ist jeder Ort ein Oppidum, der neben dem oben bereits erwähnten Kriterium ebenfalls eine erkennbare soziale Differenzierung und handwerkliche Spezialisierung, zum Beispiel Schwer- und Buntmetallverarbeitung, sowie eine Befestigungsanlage (Mauer) aufweist. Zusätzlich sollte dieser Ort durch seine Ausdehnung die dauerhafte Beherbergung von circa 1000 Menschen ermöglichen.

An den oben aufgeführten Kriterien ist erkennbar, dass Oppida noch keine Städte im Sinne der heutigen, vom Mittelalter geprägten Definition sind, daher spricht man hier von einer protourbanen (vorstädtischen) Siedlung. Ferner unterscheidet das Oppidum von mittelalterlichen Städten, dass es höchstwahrscheinlich als wichtiger Ort für sein Umland fungiert hat, wohingegen sich mittelalterliche Städte bewusst, vor allem rechtlich, von ihrer sie umgebenden dörflichen Umwelt absetzten.

Das Ende der sogenannten „Oppida-Zeit“ kann auf ungefähr 50 v. Chr. festgesetzt werden. (J. Ahlrichs/ J. Greif)

Münzen der Kelten

Die Kelten sind die erste vorgeschichtliche Kultur, welche selbst Münzen prägte. Die Kenntnis zur Herstellung von Münzen wurde zunächst im Vorderen Orient entwickelt und gelangte über Kleinasien und Griechenland nach Mitteleuropa. Hier sind zunächst vor allem persische und griechische/makedonische Originale kopiert worden.

 

Die Herstellung von Münzen, wie sie die Kelten verwendeten, ist, sofern das Roherz nicht erst geschmolzen werden muss, ein vergleichsweise einfacher Vorgang, der jedoch sicherlich nicht von jedem beherrscht worden ist. Höchstwahrscheinlich unterlag die Prägung von Münzen den latènezeitlichen Eliten. Zunächst wurde das geschmolzene Metall (bis circa 50 v. Chr. Gold oder Silber) in sogenannte Tüpfelplatten (Tonformen mit kleinen runden Aushöhlungen) gegossen und dort erkaltete es. Anschließend wurden die Schrötlinge auf einer Unterlage, die das Negativ der zu prägenden Münzrückseite enthielt, gelegt und man hämmerte den Stempel, der das Vorderseitenmotiv enthielt, von oben auf den Rohling. So entstanden die leicht gewölbten keltischen „Regenbogenschüsselchen“.

 

Es gilt als unwahrscheinlich, dass Münzen von den Kelten bis in die Mitte des 1. Jahrhunderts v. Chr. als Zahlungsmittel verwendet worden sind, da Gold- und Silbermünzen einen zu hohen Wert besaßen, um damit den alltäglichen Handel zu bestreiten. Vielmehr wurden diese als diplomatische Geschenke oder als Tributzahlungen verwendet. Für das Ende des 2. Jahrhunderts v. Chr. können im Gebiet der Latène-Kultur sechs Prägestetten sicher nachgewiesen werden, die in der Forschung mit diversen historisch überlieferten Stämmen in Verbindung gebracht werden. Erst zum Ende der Latènezeit scheint man schon unter dem Einfluss der römischen Expansionen das Münzwesen auch für Geldwirtschaft im annähernd heutigen Sinne verwendet zu haben, da zu diesem Zeitpunkt vermehrt keltische Potinmünzen (eine Kupfer-Zinn-Legierung) in Umlauf gekommen sind, wohingegen der Anteil geprägter Gold- und Silbermünzen zurückgegangen ist. (J. Greif)

Tabelle 2: Wichtige Latènezeitliche Fundorte

Zeit Fundort Befund / Fund
Frühe Latènezeit Glauberg Fürstengrab
- Klein Aspergle -
- Reinheim -
- Waldalgesheim -
- Rodenbach Reiches Männergrab
- Münsingen Münsinger Fibeln
- Dux Duxer Fibel
Mittlere Latènezeit La Tène Keltisches Heiligtum
- Bundenbach Keltische Siedlung
- Gournay-sur-Aronde Siedlung und Heiligtum
Späte Latènezeit Manching Oppidum
- Donnersberg Oppidum
- Bibracte Oppidum
- Alesia Oppidum
- Staffelberg Oppidum
- Altburg Siedlung
- Bad Nauheim Nauheimer Fibel

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