Die Steinzeit

Kreisgrabenanlage aus der Steinzeit
Kreisgrabenanlage aus der Steinzeit

Die Steinzeit ist die älteste aller ur- und frühgeschichtlichen Epochen. Schon in der Antike hatte man geahnt, dass die frühesten materiellen Hinterlassenschaften des Menschen aus Steinen hergestellt worden seien. Bewiesen wurde diese These allerdings erst im 19. Jahrhundert von Christian Jürgensen Thomsen. Mit seinem Beweis für die Korrektheit des Dreiperiodensystems legte er den Grundstein für eine wissenschaftliche Auseinandersetzung mit ur- und frühgeschichtlichen Hinterlassenschaften: die Geburtsstunde der Prähistorischen Archäologie.

 

Trotz dieser Erkenntnis bleibt „Steinzeit“ ist ein sehr vager Begriff: Immerhin sprechen wir von einem Abschnitt in der Geschichte des Menschen, der vor ca. 2.500.000 Jahren in Afrika begann und je nach Region bereits im 7. oder 3. Jahrtausend vor Christus endete. Hinzu kommt, dass Bezeichnung irreführend ist, denn in der sogenannten Steinzeit wurden nicht allein Steinartefakte verwendet: Es gab auch Werkzeuge aus Holz, Knochen und Elfenbein. Das Problem ist hierbei, dass Holz und Knochen organische Materialien sind und als solche verhältnismäßig schnell zerfallen können. Nur unter besonderen Bedingungen können Holzartefakte und Knochen über Jahrtausende konserviert werden. Steinartefakte sind nicht organisch und bleiben uns deswegen sehr gut erhalten. 

Chronologie der Steinzeit

Tableau de la classification
Klassifikation der Ur- und Frühgeschichte nach G. de Mortillet 1908, La Classification palethnologique.
Knochenartefakte aus dem Magdalénien
Knochenartefakte aus dem Magdalénien, Gabriel & Adrien de Mortillet, Musée Préhistorique (Paris 1881).

Natürlich hatten Archäologen im 19. Jahrhundert noch keine Vorstellung davon, wie lang diese Steinzeit eigentlich sein sollte. Nach 1850 fanden insbesondere in Frankreich Ausgrabungen in Höhlen und unter Felsdächern statt. Während der Grabungen stellte man fest, dass es unterschiedliche Schichten gab, in denen jeweils andere Artefaktformen vorhanden waren. Unter der Berufung auf das erste stratigraphische Gesetz konnten so die ersten Abfolgen von Perioden und Stufen definiert werden. Gabriel de Mortillet (1821-1898) machte sich um eine zeitliche Gliederung der Steinzeit besonders verdient. Sein Kollege Édouard Armand Lartet (1801-1871) gliederte die Steinzeit nach den vorhandenen Faunenresten, d.h. den Resten von Tieren. Auf ihm geht somit eine biologische Aufgliederung zurück. Sie setzte sich jedoch nicht durch, weil es in der Archäologie vorrangig um den Menschen ging. 

 

Im Winter 1853/54 wurden in der Schweiz erstmals Reste von Häusern aus der Steinzeit gefunden. Der Winter war so kalt, dass die Wasserstände sanken und man auf dem Grund der Schweizer Seen spazieren gehen konnte. Hier fand man riesige Mengen an Artefakten aus Stein, Knochen, Keramik und sogar solche aus Holz oder Textil (Stoffe, Netze usw.). Außerdem fand man Pfähle, die zum Bau von „Pfahlbauten“ verwendet worden waren. Das Inventar vieler dieser Schweizer Fundplätze war eindeutig steinzeitlich, aber es war nicht vergleichbar mit den Funden aus den französischen Höhlen. In dieser Situation machte Sir John Lubbock (1834-1913) 1865 den entscheidenden Unterschied zwischen einer älteren und einer jüngeren Steinzeit. Er unterschied das Paläolithikum vom Neolithikum. Die beiden Begriffe setzen sich aus den altgriechischen Wörtern palaiós (alt), neos (jung) und lithos (Stein) zusammen. Ein Jahr später schob Hodder Michael Westropp (1820-1885) zwischen das Paläo- und Neolithikum eine Übergangsstufe, die er als Mesolithikum bezeichnete (altgr. mesos= „in der Mitte“ und lithos= Stein). 

Während die Altsteinzeit durch Fundinventare aus überlagerten Kulturschichten gegliedert wurde, wurden für das Neolithikum Verzierungen und Formen von Gefäßen chronologisch bedeutsam, hinzu kamen kulturspezifische Ausstattungssitten in Gräberfeldern. Gerade in der kulturhistorischen Archäologie des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts wurde die Chronologie des Neolithikums auf diese Weise verfeinert.

Archäologie und Steinzeit heute

Die Steinzeit stellt mit Abstand den längsten Abschnitt in der Prähistorischen Archäologie dar. In ihr haben wir es mit mehreren unterschiedlichen Vertretern der Gattung Homo zu tun. In der Steinzeit erleben wir den ersten Auszug des Menschen aus Afrika nach Asien und Europa. Wir sehen die Entwicklung des Neandertalers in Europa und fragen uns, wie es später zu seinem Verschwinden kommen konnte. Die Steinzeit ist nicht nur eine Abfolge von Steinartefakten über Knochen und Holzgeräten zu Keramik, Kupfer usw. In dieser langen Zeit sehen wir wie der moderne Mensch (Homo sapiens) „auf die Bühne tritt“, wie er Kunst schafft und wie er als erster alle Kontinente besiedelt. Am Ende der Steinzeit stehen wir  Gesellschaftsformen, Lebensweisen und Symbolen gegenüber, die sich über jahrtausende entwickelt und immer wieder verändert haben.

 

Steine gehören heutzutage längst nicht mehr zu einzigen Quellen, mit denen wir die Steinzeit untersuchen. Archäologen heute ziehen in ihre Forschungen neben Artefakten auch Knochen und Zähne von Tieren und Menschen mit ein. Sie geben uns Hinweise, mit denen wir die Evolution und Lebensstrategien von Tieren und Menschen rekonstruieren können. Hinzu kommen Methoden, mit denen klimatische Veränderungen untersucht werden können. Durch die Erforschung von Genen öffnen sich uns völlig neue Möglichkeiten zu Untersuchung der Evolution. Mit der Unterstützung von neurologischen Wissenschaften können wir uns der kognitiven Entwicklung des Menschen annähern. Wir können untersuchen, welche Gehirnareale bei der Herstellung von Artefakten besonders beansprucht werden und darüber sogar Erkenntnisse über Sprachgebrauch erlangen. Von Steinzeit und Langeweile kann also nicht mehr die Rede sein.    

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