Das Epipaläolithikum: Vorspiel im fruchtbaren Halbmond

Das Neolithikum entstand nicht so "plötzlich" wie etwa das Jungpaläolithikum. Man kann eine lang andauernde Vorgeschichte zum Neolithikum in der Levante erkennen. Im Laufe dieser Vorgeschichte addieren sich die klassischen Merkmale der jüngeren Steinzeit nacheinander. Zur Erinnerung: die Jungsteinzeit zeichnet sich durch zahlreiche Charakteristika aus: Geschliffener Stein, Domestikation von Tieren und Pflanzen, Keramik und ganzjährige Sesshaftigkeit. Diese Merkmale sind kennzeichnend für das Neolithikum insgesamt und werden daher das neolithische Paket genannt. Jeder der vier Punkte entstand zu einer anderen Zeit, weshalb das Neolithikum in einige Stufen untergliedert wird, die jetzt vorgestellt werden sollen.

 

Während das Alt-, Mittel- und Jungpaläolithikum noch mit Hilfe der Entwicklung von Steinartefakten definiert werden und dadurch in einzelne Zeitabschnitte gegliedert werden, wird für die Chronologie des Neolithikums mitunter auf die Keramikentwicklung zurückgegriffen. Dabei wird darauf geachtet, welche Formen, Muster, Typen etc zu welcher Zeit aufkommen. 

 

Wer sich mit dem Neolithikum beschäftigt, wird sich also unweigerlich auch mit Keramik auseinandersetzen müssen. Studierende in Göttingen haben sich mal für eine Klausur im Vorfeld zusammen an einen Tisch gesetzt und sämtliche neolithische Keramikformen der unterschiedlichen Gruppen und Kulturen zusammengetragen. Letztlich wurden aus diesem kleinen Projekt die Göttinger Typentafeln zum Neolithikum. Diese Tafeln können legal und umsonst runtergeladen werden - man muss jedoch bedenken, dass sie inszwischen nicht mehr auf dem aktuellen Stand sind. Eine derartig gute Übersicht sollte man sich möglichst bald zulegen. Solche Tafeln erleichtern das Studium zum Neolithikum ein Stückchen.

 

Es hat bis zum gemeinsamen Auftreten aller dieser vier Punkte eine längere Vorgeschichte, die schon um 20 Kya im vorderen Orient beginnt. Der Epochenname dieser "Vorgeschichte" heißt "Epipaläolithikum". Die erste dazugehörige Industrie nennt sich Kebaran und beginnt parallel zum Magdalenién.

Kebaran: 23.000 - 13.000 v.Chr.

Während man sich im europäischen Magdalénien über die Neuentdeckung der Speerschleuder freute, entdeckten im Vorderen Orient einige moderne Menschen das Nutzbarkeitspotential von Wildgerste- und Emmer. Sie ernteten diese Wildgetreide und verarbeiteten deren Körner mit Mörsern und Reibsteinen, um daraus später Nahrung (Bsp. Brei & Brot) herstellen zu können.

Die funde von mahl- und reibsteinen beweisen, dass Getreide einen festen Bestandteil der Nahrung ausmachten. Natürlich wurde auch weiterhin gejagd, die Vorräte an Getreide waren schließlich nicht so umfangreich, dass man vollkommen unabhängig von wilden Tieren wurde. Zu dieser Zeit begann man lediglich die Ressource "Wildgetreide" zu nutzen, domestiziert waren Emmer und Einkorn noch nicht. Im Gegensatz zu Tieren wandert getreide nicht mit den Jahreszeiten von Ort zu Ort. Es ist nur lokal verfügbar gewesen. D.h. wenn man es nutzen wollte, musste man sich an den entsprechenden Orten niederlassen. So kommt es, dass man im Kebaran saisonal sesshaft wurde, bevor man zu einer ganzjährigen Sesshaftigkeit überging. Die Nutzung der Wildgetreide ist nur einer von vielen Schritten zur endgültigen Sesshaftwerdung.

Natufian: 13.000 - 10.200 v.Chr.

Verbreitung des Natufian
Verbreitung des Natufian. Quelle: Wikimedia.commons

An das Kebaran knüpfte beinahe nahtlos ab 13 Kya das Natufian an, in dem sich eine ganzjährige Sesshaftigkeit durchgesetzt hatte. Die Architektur der Behausungen war von runden Formen geprägt. Ein Gebäude hatte einen durchmesser von 3 bis 5m. Sie waren auch bis zu einem Meter in die Erde vertieft. Durch diese "Unterkellerung" konnte man die Behausungen einfacher aufbauen und besser isolieren. Eine Siedlung konnte 50 oder mehr Unterkünfte aufweisen, sodass man von 200 bis 300 Einwohnern pro Gemeinschaft ausgehen kann.

 

Zur Verbesserung der Ernterträge wurde die Sichel erfunden. Für das Neolithikum charakteristisch sind die ab dieser Zeit auftretenden geschliffenen Steinwerkzeuge wie etwa Beile. Ebenfalls auffällig sind die gefundenen Steinkeulen, welche als Waffen zum Erschlagen von Feinden verwendet wurden. Man geht davon aus, dass diese Keulen wirklich in erster Linie als Waffe gegen andere Menschen entwickelt wurden.

Mit der neuen Lebensweise kamen dementsprechend neue Herausforderungen an die einzelnen Menschen und deren Gemeinschaften auf, die bewältigt werden mussten - Gewalt war anscheinend eine Lösungsmöglichkeit. Man sollte jedoch sagen, dass die tatsächliche Anwendung von Gewalt im Natufian nur in seltenen Fällen nachgewiesen wurde. Mit den Keulenköpfen konnte man ebenso Tiere töten, um sie anschließend gemeinsam zu verzehren.

Infobox

Art Web-Link Inhalt
Audiodatei archive.org... Neolithische Revolution

Verwendete Literatur

Autor Titel Seite
Bar-Yosef Natufiense.pdf komplett
Fansa Wohin die Toten gehen 13-36
Heinz Vorderasiatische Altertumskunde: Eine Einführung 3, 20-25
Prudence M. Rice Pottery Analysis: A Sourcebook -
Roaf Bildatlas der Weltkulturen, Mesopotamien 27-30
Von Schnurbein Atlas der Vorgeschichte 60-108
Trachsel Ur- und Frühgeschichte 55-65
Watkins New light on Neolithic revolution in south-west Asia. Antiquity 84, Nr. 325, 2010 621–634

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