Frühneolithikum: 5.500 - 4.900 v. Chr.

Vom Vorderen Orient aus wanderte das "neolithische Paket" über Anatolien bis nach Griechenland. Von dort breitete es sich in zwei unterschiedliche Richtungen aus. Die eine zog über den Balkan in das Donaugebiet, die andere hielt sich weiterhin am Mittelmeer auf und zog über Italien nach Westen.

Linearbandkeramik (LBK)

Im Donaugebiet entstand zunächst die Linearbandkeramik (kurz LBK oder Bandkeramik), welche auch Linienbandkeramik genannt wird. Dies ist die älteste bekannte Kultur des europäischen Neolithikums. Diese Kultur gehört außerdem zu den in Europa am weitesten verbreiteten und am meisten erforschten Kulturen des Neolithikums. Sie breitete sich über Mitteleuropa bis nach Ostfrankreich aus, wobei sie sich dabei nachweislich gezielt auf Lößböden niederließ. Zu ihren charakteristischen Errungenschaften gehören: Schuhleistenkeile, Gräberfelder, Langhäuser und Erdwerke.

 

Es hat sich herausgestellt, dass rund 10% aller Bestattungen auf diesen Gräberfeldern Brandbestattungen sind, während es sich bei den übrigen 90% um Körperbestattungen handelt. Die Zahl der entdeckten Brandbestattungen ist deswegen so gering, weil sie maximal 80cm unter der Erdoberfläche vergraben waren und dadurch zu einem großen Teil der Landwirtschaft anheimgefallen sind, da sie noch im "Pflughorizont" lagen. Als Pflughorizont wird die Ackeroberfläche bezeichnet, welche vom Pflug der Bauern erfasst und durchwühlt wird, wobei alle darin befindlichen Artefakte und Brandbestattungen aus ihrer ursprünglichen Position gerissen, wenn nicht sogar zerstört werden. Es konnten nur noch Spuren von ehemaligen Brandbestattungen im Pflughorizont nachgewiesen werden.

 

Sonderfälle von besonderer Gewaltausübung wurden ebenfalls festgestellt und zwar bei Talheim. Das hier gefundene Massengrab wurde bereits in den 1980er Jahren ausgegraben. In einer ca. 20 cm dicken Schicht aus Knochen wurden die sterblichen Überreste von 34 Individuen gefunden. Darunter befanden sich 18 Erwachsene und 16 Kinder. Die Toten wiesen teils extreme Gewalteinwirkung auf, alle wurden umgebracht. Zu den eingesetzten Waffen gehörten unter anderem Schuhleistenkeile und Keulen sowie stumpfe Geräte, auch Pfeilschußverletzungen sind nachgewiesen worden. Die meisten der getöteten Individuen wiesen eine tödliche Verletzung am Hinterkopf auf.

Ältere und jüngere Bandkeramik

Die Linearbandkeramik wurde in zwei zeitliche Abschnitte eingeteilt. Bei der älteren Liniearbandkeramik überwiegen glatte Böden und beim Hausbau eine Y-Pfostenstellung. Bei der jüngeren wurden vorwiegend runde Böden hergestellt und die Y-Pfostenstellung "abgeschafft".

Die La Hoguette Kultur

Typisches Gefäß der La Hoguette Kultur, © Jens Reinecke 2011.

Die „La Hoguette Gruppe“ oder „Kultur“ wurde vom französischen Archäologen Christian Jeunesse nach dem ersten Fundort dieser frühneolithischen Keramik benannt. In Machart und Verzierung (plastische, girlandenartige Leisten mit Doppeleinstichen und Knochenmagerung) zeigen sich Verbindungen zur Cardialkultur als auch zur Limburger Gruppe. Gerade mit letzter verbindet sie laut Jeunesse eine „Familienähnlichkeit“: Während in La Hoguette die ovoide Gefäßform mit eingezogenem Gefäßrand und einem Spitz- oder Wackelboden sowie einer horizontalen Anordnung der Dekorelemente vorherrscht, dominieren bei Limburg kalottenförmige Schalen oder Schüsseln und vertikal angebrachte Verzierungen.

La Hoguette Keramik wurde hauptsächlich in Abfallgruben der frühesten und frühen Bandkeramik gefunden, in einigen wenigen Fällen gibt es aber auch Funde, die mit ihr nicht in Verbindung stehen, diese stammen hauptsächlich von Fundstellen an Felsüberhängen, die in einem spätmesolithischen Milieu verortet sind. Der Verbreitungsschwerpunkt liegt im Bereich von Rhein, Maas und Mosel. Neuere Funde stammen aus Süddeutschland und dem Jurabogen der Schweiz und Frankreichs, was die Verbindung zum Mittelmeerraum unterstreicht.

Zur Subsistenz der La Hoguette Kultur lässt sich nichts definitives sagen, bisher wird aber von einer pastoralen Lebensgrundlage ausgegangen, nicht sesshaften Schaf/Ziegen-Hirten, die starke wirtschaftliche Verbindungen zur Bandkeramik unterhielten. Diese Annahme ist aber auf Grund der schlechten Überlieferung und der daraus resultierenden geringen Datengrundlage, jedoch nicht sicher belegt. (Beitrag von Jens Reinecke)

Ertebölle-Kultur

Im Norden Europas "wehrte" sich ein bereits ansässiger Kulturkreis an den Küsten der Nord- und Ostsee "erfolgreich" noch bis ca. 3.900 v. Chr. gegen die neolithischen Erfindungen. Diese Ertebölle-Ellerbeck Kultur lebte in noch partiell mesolithischen Verhältnissen. Scheiben- und Kernbeile sind typische Artefakte des Endmesolithikums, die auch in der Ertebölle-Kultur gefunden wurden. Nahrung wurde durch Fischfang erworben. Darauf weisen zahlreiche Funde von Aalstechern, Harpunen, Netzreusen und Angelhaken hin. Man war also nicht auf langwirtschaftliche Erzeugnisse angewiesen. Das wildbeuterische Leben sorgte für ausreichend Nahrung. Neben Fischen wurden  Wasservögel (Enten) und an Land lebende Wildtiere wie Rehe, Rothirsche oder Wildschweine gejagt.

 

Die Ertebölle-Kultur wird in zwei Phasen gegliedert. In der älteren Phase (5450-5100 v.Chr.) gibt es noch keine Keramik. Die spätere Phase dauert von 5100 bis 4100 v. Chr. an. Ab 4750 sind Keramikfunde für die Ertebölle-Kultur bekannt. Sie wird während des Jungneolithikums von der Trichterbecher-Kultur abgelöst, bzw. geht in sie über.

Wie sich das neolithische Paket verbreitete

Bei der Rückverfolgung des neolithischen Pakets stellt man sich die Frage, wie es sich verbreitet hat. Einerseits hat es eine bestimmte Route zurückgelegt, die mittlerweile nach und nach rekonstruiert wird, aber das beantwortet nicht komplett diese Frage. Man ist schließlich zu zwei unterschiedlichen Erklärungen gekommen. Das Modell der Akkulturation geht von einer Wissensweitergabe der Neolithiker an die Jäger/Sammler aus. Dagegen sind Vertreter der Expansionstheorie der Meinung, Neolithiker seien aggressiv vorgegangen, haben sich angeblich mit dem raschen Bevölkerungswachstum entsprechend schnell ausgebreitet und dabei nicht auf die Jäger/Sammler Rücksicht genommen, d.h. diese verdrängt oder sogar getötet, sofern diese sich nicht der neolithischen Idee anpassen wollten.

Tabelle 1: Regionalchronologische Gliederungen der Bandkeramik

Quelle: U. Veit, Studien zum Problem der Siedlungsbestattung im europäischen Neolithikum. Tübinger Schriften zur ur- und frühgeschichtlichen Archäologie 1 (1996)
Region Köln-Lindental, Rheinhessen Rhein-Maas-Gebiet Untermaingebiet Mitteldt., Sachsen Mähren, Niederösterreich
Bearbeiter Buttler/Koehl Dohrn-Ihmig/Moddermann Meier-Arendt Hoffmann/Quitta Tichý
Älteste LBK - - I älteste LBK Ia
Ältere LBK I Flomborn Ia/b II I Ib
Mittlere LBK II Worms Ic/d III II IIa Notenkopfk.
Jüngere LBK III IIa/b IV III IIb NKK/Žseliz
Jüngste LBK IV IIc/d V IV III Sarka

Verwendete Literatur

Autor Titel Seite
Schnurbein Atlas der Vorgeschichte 60
Fansa Wohin die Toten gehen 13-36
Trachsel Ur- und Frühgeschichte 55-65
Badisches Landesmuseum Ur- und Frühgeschichte: Führer durch die archäologische Abteilung 28-60
Knaut / Schwab Archäologie im 21. Jahrhundert: Innovative Methoden - bahnbrechende Ergebnisse 12-22
Lüning Frühe Bauern in Mitteleuropa im 6. und 5. Jahrtausend v. Chr. Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 35/1, 1988 (1991) 27–96
Lüning et al. Der bandkeramische Siedlungsplatz Langweiler 8. Gemeinde Aldenhoven, Kreis Düren komplett
Trautmann The Significance of Cremations in Early Neolithic Communities in Central Europe 186-189
Eggert / Samida Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie. UTB basics 171-180
Hahn Erkennen und Bestimmen von Stein- und Knochenartefakten 165-168
Rück Die bandkeramische Siedlung Weisweiler 111 bei Bourheim, Kr. Düren, auf der Aldenhovener Platte 95-137
Scharl Die Neolithisierung Europas: Ausgewählte Modelle und Hypothesen -
Hoffmann / Bickle Creating Communities: New Advances in Central European Neolithic Research 158-184

Literatur zur La Hoguette Kultur

Autor Titel Seite
D. Gronenborn Ältestbandkeramische Kultur, La Hoguette, Limburg and... what else? Contemplating the Mesolithic-Neolithic transition in southern Central Europe. Documenta Praehistorica 25, 1998 189-202
D. Gronenborn Beyond the Models: Neolisation in Central Europe. In: A. Whittle, V. Cummings (Hrsg.), Going Over: The Mesolithic-Neolithic Transition in North-West Europe. Proceedings of the British Academy 144 (London 2007) 73-98
C. Jeunesse Rapports avec le Néolithique ancien d'Alsace de la céramique danubienne de La Hoguette [à Fontenay-le-Marmion, Calvados] 1986) komplett
C. Jeunesse Néolithique ''initial'', néolithique ancien et néolithisation dans l'espace centre-européen: une vision rénovée. Revue d'Alsace 129, 2003 97-112
C. Kind Komplexe Wildbeuter und frühe Ackerbauern. Germania 76, 1998 1-22
J. Lüning, U. Kloos, S. Albert Westliche Nachbarn der bandkeramischen Kultur: Die Keramikgruppen La Hoguette und Limburg. Germania 67, 1989 355-420

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