Das Dreiperiodensystem

Relative Chronologien bis zum 19. Jahrhundert

Die Idee des Dreiperiodensystems hat eine lange Geschichte. Den mit der Antike vertrauten Gelehrten kann schon früh aufgefallen sein, dass in der Ilias von Homer Eisen weniger erwähnt wird als Bronze. Durch die Texte von Hesiod (vermutl. 8. Jahrhundert v. Chr.) wurde die Abfolge eines goldenen, silbernen, bronzenen und eisernen Zeitalters gemutmaßt. Lucretius Carus (vermutl. 97-55 v. Chr.) beschrieb in seinem Werk „de rerum natura“, dass es eine Abfolge von mehreren Zeitaltern gegeben habe: Stein, Bronze und schließlich Eisen.

 

Im 18. Jahrhundert wurde die Idee wieder öfters geäußert. Beispielsweise 1755 von Martin Mushard in seiner Schrift „Palaeogentilismus bremensis“, die allerdings erst 1928 gedruckt wurde. A. H. Goguet erwähnt 1758 in „L’Origine des lois, des arts et des sciences“ ebenfalls eine Abfolge von drei Zeitaltern. Zehn Jahre später erscheint in einer Berliner „Wochenschrift“ der Beitrag des Privatsammlers Hofrat Eltester. Auch für ihn ist klar, dass eiserne Artefakte weitaus jünger seien als solche aus Stein. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts äußerte James Douglas (1753-1819) in seinem Werk "Nenia Britannica, or the Sepulchral History of Great Britain" die Vermutung, dass Gräber, die nur Steingeräte enthalten, älter als solche seien, in denen Eisenartefakte zu finden sind. Sein Zeitgenosse William Cunnington (1754-1810) kam durch seine umfangreiche Grabungstätigkeit ebenfalls zu diesem Gedanken. Im Jahr 1813 spricht Vedel Simonsen in „Udsigt over Nationalhistoriens äldeste og märkeligste Perioder“ die Abfolge mehrer Perioden an. Einen wissenschaftlichen Beweis erbrachte jedoch keiner von ihnen.

Das Problem der Datierung

Bis zum 19. Jahrhundert wurden prähistorische Artefakte von Interessierten gesammelt. Oberflächlich einsehbare Bodendenkmäler wurden teils aus politischen oder historischen  Beweggründen dokumentiert. Durch die Entdeckung der Neuen Welt im 16. und 17. Jahrhundert wurde man auf rezente "wilde" Völker aufmerksam, die mit Steingeräten arbeiteten. So wurde die Analogie ermöglicht, dass die europäischen Steinartefakte wie etwa die „Donnerkeile“ gar nicht natürlichen Ursprungs sind, sondern von Menschen geschaffen wurden. Über das tatsächliche Alter vermochte man keine zuverlässige Aussage zu treffen. Es gab keine wissenschaftliche Datierungsmethode.

Anstatt sich mit den Artefakten selbst zu befassen, griff man auf historische Texte und Berichte zurück. Gelehrte versuchten, biblische Geschichten mit diversen Orten und Personen zu verknüpfen, um so eine zeitliche Ordnung für die wirre Vorzeit erstellen zu können. Nach der Bibel war die Menschheit ungefähr 4004 Jahre alt. Das hatte der englische Erzbischof James Ussher im 17. Jahrhundert festgestellt. Je nachdem wie man die Angaben aus den biblischen Geschichten deutete, konnte es auch etwas früher oder später passiert sein. Für die chronologische Einordnung von steinernen Artefakten und Bodendenkmälern wie Megalithen bot die Bibel keine Anhaltspunkte. Während sich die Kuriositätenkabinette und Kunstkammern füllten, waren Antiquare noch weit davon entfernt, eine Ordnung in ihre Sammlungen zu bringen.

 

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts änderte sich das. Eine besondere Rolle spielte Dänemark in dieser Entwicklung. Das Land war in der napoleonischen Zeit bis zur zweiten Seeschlacht von Kopenhagen neutral geblieben. Im Anschluss schloss es sich Napoleon an. Nach dessen Niederlage musste Dänemark im „Frieden von Kiel“ 1814 Helgoland an Großbritannien und Norwegen an Schweden abtreten, ein erheblicher Gebietsverlust. Ein Jahr zuvor meldete der Staat seinen Bankrott. Auch in der Hauptstadt Kopenhagen stand es um die Bewohner nicht besser. Ein großer Brand vernichtete 1795 Teile der Stadt. In der Seeschlacht von Kopenhagen hatte die Stadt 1801 durch englische Bombardements gelitten. Dabei kamen zwischen 1.600 und 1.800 Dänen ums Leben. Das wiederholte sich 1807 noch einmal. In dieser Zeit des politischen Niederganges besannen sich viele Dänen auf ihre Wurzeln. Sie entwickelten eine romantische Haltung zu ihrer Geschichte, in der sie die Vergangenheit idealisierten.

Künstler und Schriftsteller setzten sich inniger mit dem eigenen Land und dessen Altertümern auseinander. Das Bürgertum trieb dieses Interesse voran. So kam 1807 die Einrichtung der „Königlichen Kommission zur Erhaltung der Altertümer“ zustande. Der erste Sekretär dieser Kommission war Rasmus Nyerup (1759-1829), ein Literaturprofessor. König Frederik VI von Dänemark unterstützte die Romantiker, in dem er per Gesetz alle Altertümer nach Kopenhagen bringen lies. Diese Schritte waren allein deswegen notwendig geworden, weil seit einer tiefgreifenden Umstrukturierung der Landwirtschaft Felder umgepflügt wurden, die seit über 1000 Jahren unangetastet waren. Eine großräumige Zerstörung prähistorische Monumente war die Folge. Gerade im Moment der Rückbesinnung auf die romantische Vorzeit konnte dies nicht länger hingenommen werden.

Über das Alter seiner sich häufenden Sammlungsstücke konnte Nyerup nur spekulieren. Aus einer vorchristlichen Zeit würden die einen oder anderen sicherlich stammen, vermutete er. Sämtliche äußere Quellen wie Mythen, Legenden, antike Texte oder die Bibel wurden bereits vergebens zurate gezogen. Wie sollte man aus diesem Dilemma ausbrechen? Schließlich war es der Sohn eines Reeders und Großkaufmannes aus Kopenhagen, der dieses Problem löste und dabei zum Vater der Prähistorischen Archäologie wurde.

Christian Jürgensen Thomsen

Christian Jürgensen Thomsen
Christian Jürgensen Thomsen gibt Interessierten im Nationalmuseum zu Kopenhagen eine Führung durch die Sammlung der Nordischen Altertümer. Er gilt als Vater des Dreiperiodensystems. Zeichnung von P. Marquardt (1848).
Leitfaden zur nordischen Altertumskunde
Leitfaden zur nordischen Altertumskunde: Titelblatt.

Thomsen wurde am 25. Dezember 1788 in Kopenhagen geboren. Er hatte fünf Brüder, von denen er der älteste war. Durch den Vater war seine Familie zu einer der reichsten in der Stadt geworden. Ein Privatlehrer unterrichtete ihn, Lehraufenthalte in Paris kamen zur Bildung hinzu. Deutsch, Englisch und Französisch beherrschte er als Fremdsprechen in Wort und Schrift. Daher konnte er zu Lebzeiten unter anderem mit Archäologen aus Deutschland einen regen Briefwechsel führen. Schon in der Kindheit interessierte er sich für Numismatik und baute eine eigene Münzsammlung auf. Bei den englischen Bombardements von 1807 musste er diese in Sicherheit bringen. Als er sie in einem Gebäude des königlichen Münzkabinetts unterbrachte, lernte er Rasmus Nyerup kennen. Gegen den Widerstand von klassisch ausgebildeten Historikern seiner Zeit trat er im Alter von 28 Jahren 1816 die Nachfolge von Nyerup an. Trotz seines Engagements für eine Vielzahl an Museen in Kopenhagen führte er noch das Geschäft seines Vaters bis 1840 weiter. Finanzielle Sorgen hatte er keine. Parallel zu seiner Tätigkeit als Unternehmer und Museumsdirektor befasste er sich über 38 Jahre lang mit Brakteaten. In den Jahren 1856 und 1857 veröffentlichte er schließlich einen "Atlas", in dem er 248 Goldbrakteaten publizierte. Damit gilt er als der Begründer der wissenschaftlichen Brakteatenforschung. 

 

Als er die Stelle von Nyerup antrat, fand er eine umfangreiche aber gänzlich ungeordnete Sammlung von Altertümern vor. Doch schon früh musste ihm das Dreiperiodensystem vor Augen geschwebt haben. Im Juli 1818 berichtet er in einem Brief von seiner neuen Struktur im Museum. Er habe begonnen, die Funde nach ihrem Material zu sortieren. Er unterschied hier zwischen Stein, Kupfer und Eisen. Ob sich hinter dieser Ordnung eine chronologische Abfolge befinden kann, sprach er zu diesem Zeitpunkt nicht direkt aus. Dass er leidenschaftlich an den Museen arbeitete, zeigt der von ihm eingeführte kostenfreie Museumseintritt an einem Tag in der Woche. Thomsen selbst übernahm die Führungen durch die Ausstellungen, die sich damals im Dachgeschoß der Trinitätskirche befanden. Bis zu seinem Tod führte er die Besucher persönlich durch das Museum. So trug er noch dazu bei, die Archäologie ein Stück weit zu popularisieren. 

Das Magazin war binnen weniger Jahre stark vergrößert, nachdem das Interesse für die eigene Vorzeit gewachsen und ein Gesetz zum Schutz der Altertümer erlassen worden war. Dem Gesetz war die unangenehme Beobachtung vorausgegangen, dass die meisten gefunden Altertümer nicht an Museen abgegeben, sondern privat verhandelt oder sogar eingeschmolzen wurden. Der Diebstahl der Goldhörner von Gallehus und deren anschließende Einschmelzung erregten großes Aufsehen. Die beiden Hörner wogen zusammen ca. 6 Kilo und waren überregional bekannt. Der Goldschmied und Uhrmacher Niels Heidenreich stahl sie 1802 aus dem königlichen Museum und schmolz sie ein, um Nachahmungen indischer Münzen anfertigen zu können. Seine Nachbarn meldeten ihn später bei der Polizei. Er wurde verurteilt und starb mit 84 Jahren 1844 im Gefängnis. Damit sich ein solcher Skandal nicht wiederholen konnte, sollten Altertümer fortan besser geschützt werden, zumal sie auch ein nationales Erbe Dänemarks darstellten. Weil die Trinitätskirche bald keinen ausreichenden Platz mehr bot, 1832 zog die Sammlung des Museums nach Schloß Christianborg um. Zuletzt wurde sie 1853/54 verlegt: Dieses mal in das Prinzen Palais. Das Nationalmuseum Dänemarks ist noch heute dort.

Das Dreiperiodensystem von C. J. Thomsen

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Verzierungen zu unterschiedlichen Zeitabschnitten nach Thomsen.

Die Museen in Kopenhagen gehörten schon bald zu den größten in Europa. Thomsen hatte beste Voraussetzungen, um die Vergangenheit eingehend zu studieren. Das aus seinen Beobachtungen resultierende Dreiperiodensystem bewies er auf acht Seiten (57-64) in seinen „Leitfaden zur nordischen Altertumskunde“, der 1836 als anonymer Museumsführer publiziert wurde. Für damalige Verhältnisse hatte er eine ungewöhnlich hohe Auflage: 5.000 Exemplare wurden gedruckt und im Land verteilt. Die günstigen Bedingungen halfen Thomsen dabei, seine Gedanken einem überregionalen Publikum zugänglich zu machen. Aus Briefkorrespondenzen geht hervor, dass Thomsen das Periodensystem schon früher erkannt hatte. 

 

Im Gegensatz zu zeitgenössischen Antiquaren behalf sich Thomsen nicht mit antiken Texten und ging bei seiner Arbeit über das bloße Sammeln von Antiquitäten hinaus. Was seine Forschungstätigkeit so besonders macht, war seine aufmerksame Beobachtung. Oftmals wurden mehrere Funde, die zusammen entdeckt wurden, beim Museum abgegeben. Die Finder informierten gelegentlich noch über zusätzliche Fundumstände. Thomsen achtete genau darauf, in welcher Kombination Artefakte bei ihm abgeliefert wurden und woher sie stammten: Der Fundkontext und die Fundvergesellschaftung waren ihm wichtig. Er hat sogar mehrfach betont, dass das Erkennen dieser Details weitaus entscheidender ist als das Identifizieren der Funde selbst. Das unterschied ihn von seinen Vorgängern und Zeitgenossen.  

Später wurde das Prinzip des gesicherten Kontextes durch Oscar Montelius als „geschlossener Fund“ in die Forschung integriert. 

 

Bei den Fundkombinationen konnte Thomsen drei Feststellungen machen. 

  1. Häufig wurden Steinartefakte in Verbindung mit Steingeräten gefunden.
  2. Die Vergesellschaftung von Steingeräten und solchen aus Bronze war selten.
  3. Niemals wurden Steinwerkzeuge zusammen mit Eisenartefakten entdeckt, Bronze und Eisen dagegen schon. 

 

Außerdem fiel ihm auf, dass gelegentlich Bronzeartefakte und Glasperlen abgegeben wurden. Glasgefäße dagegen traten nur in Kombination mit Eisenartefakten auf. Er merkte zusätzlich an, dass Bronze mit Gold und Elektrum vergesellschaftet war, aber nicht mit Silber. Letzteres wurde zusammen mit Eisen gefunden. Der Untersuchung der Kontexte entnahm er, dass Steinwerkzeuge häufig aus Großsteingräbern stammen und in diesen Körperbestattungen vorgefunden wurden. Bronze stammt aus Steinkisten oder Urnengräbern mit Leichenbrand. Eisenartefakte wurden in Hügelgräbern mit Körper- und/oder Brandbestattungen gefunden.  

 

Thomsen wusste, dass Bronzeartefakte nicht nur in der Bronze- sondern auch in der Eisenzeit hergestellt wurden. Er war sich darüber im Klaren, dass außer dem Material zusätzliche Details für die Datierung wichtig waren. Schließlich zog er Form, Verzierung und Funktion (Waffen vs. Schmuck) der Artefakte in seine Untersuchungen mit ein. Dadurch konnte er beweisen, dass sich Formen und Verzierungen durch die Zeiten hinweg verändern und eine chronologische Relevanz entwickeln. Sein Verdienst lag also darin, die Funde gegenseitig in Bezug zu setzen sowie auf Kontexte und äußere Merkmale zu achten. Dieses methodische Vorgehen gilt in der Forschungsgeschichte als erste archäologische Seriation. Sie ermöglichte es ihm, eine empirisch begründbare relative Chronologie aufzustellen. 

Johann Friedrich Danneil

Johann Friedrich Danneil
Johann Friedrich Danneil, 1783-1868. Quelle: Wikimedia.commons.

Zeitgleich mit der Erstpublikation des „Leitfadens zur nordischen Altertumskunde“ veröffentlichte ein Gymnasialdirekter aus Salzwedel, Johann Friedrich Danneil (1783-1868) einen „General-Bericht über Ausgrabungen in der Umgegend von Salzwedel“ zu seinen archäologischen Forschungen in der Altmark. Er selbst führte seit 1820 Ausgrabungen in der Umgebung durch und publizierte seine Ergebnisse in Zeitschriften, die sich dem Altertum widmeten. Allerdings hatten diese eine deutlich geringere Auflage als der Leitfaden von Thomsen. In seinem „General-Bericht“ unterscheidet er drei Gräbertypen und weist ihnen eine chronologische Bedeutung zu.

  1. Hünengräber, die nur Keramik und Steingeräte beinhalten. 
  2. Kegelgräber, in denen einerseits Urnengräber mit Bronzeartefakten gefunden werden und andererseits jüngere Bestattungen mit Bronze- und Eisenwerkzeugen. Danneil hatte also erkannt, dass es in manchen Grabhügeln auch Nachbestattungen aus viel jüngerer Zeit gibt.
  3. Flachgräber, in denen man überwiegend Eisen findet.

 

Schließlich versuchte er, die einzelnen Grabtypen Völkerstämmen zuzuweisen. Speziell ging es ihm darum zu zeigen, dass die Hünengräber von Urgermanen, die Urnengräber von Germanen und die Flachgräber von Slawen errichtet worden seien. Im Gegensatz zu Thomsen bemühte sich Danneil nicht darum, seine Erkenntnisse einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Er verblieb lieber in seiner Kleinregion. Nach der Publikation des General-Berichtes wandte er sich wieder anderen Interessen zu. Im Gegensatz zu Thomsen war Danneil durch zahlreiche Ausgrabungen zu seinen Erkenntnissen gelangt. Eggert bemerkt hierzu, dass Danneil bei der Auswertung seiner Grabungen nur die Grabformen und das Material berücksichtigte, aus dem die Artefakte hergestellt wurden. Den Wandel von Verzierungen beachtete er nicht. Außerdem sprach er nicht konkret von einer Stein-, Bronze- und Eisenzeit, auch wenn er dies bereits im Hinterkopf hatte. 

Georg Christian Friedrich Lisch

Georg Christian Friedrich Lisch
Georg Christian Friedrich Lisch, 1801-1883. Quelle: Wikimedia.commons.

Ein weiterer Konkurrent von Thomsen war Georg Christian Friedrich Lisch (1801-1883), einer der bedeutendsten deutschen Archäologen des 19. Jahrhunderts. Er gilt mitunter als Begründer der Vorgeschichtsforschung in Mecklenburg. 1835 beteiligte er sich maßgeblich an der Gründung des „Vereins für Mecklenburgische Geschichte und Altertumskunde“. Später war er als Herausgeber der „Mecklenburger Jahrbücher“ tätig. Im Jahr 1852 wurde er zum Konservator der geschichtlichen Kunstdenkmäler des Landesteils Mecklenburg-Schwerin und damit der erste Denkmal- und Bodendenkmalpfleger in Mecklenburg, der dieses Amt beruflich ausübte. In seinem Aufsatz „Andeutungen über die altgermanischen und slavischen Grabalterthümer Mecklenburgs und die norddeutschen Grabalterthümer aus der vorchristlichen Zeit überhaupt“ von 1837 schrieb er seine Gedanken zur Gliederung der Vorgeschichte nieder. Parallel dazu veröffentlichte er sie in dem Werk "Friderico-Francisceum". In demselben Jahr wurde er zum Direktor der Großherzoglichen Altertumssammlung in Schwerin. Weil Lisch im Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine tätig war, konnte mit seinen Gedanken ein größeres Publikum erreichen als Danneil.

 

Lisch hielt drei Klassen von Grabformen in folgender Reihenfolge fest:

  1. Germanen- bzw. Kegelgräber: Hier finde man vorwiegend Bronzeartefakte, Gold und Bernstein. Silber und Eisen dagegen nicht.
  2. Slawen- oder Urnengräber: Sie würden sowohl Bronze als auch Eisen beinhalten. Letzteres überwiegt allerdings deutlich in der Menge. Bei den meisten Bronzeartefakten würde es sich um Schmuck oder Trachtbestandteile wie Nadeln, Ringe oder Knöpfe handeln.
  3. Ur- bzw. Hünengräber: Darin finde man neben Körperbestattungen noch Scherben von eher roh geformten Gefäßen. Auch wenn diese Gräber aus einer „uralten Zeit“ stammen, so habe man doch gelegentlich darin Eisen gefunden.

 

Nach Eggers ist die letzte Klasse von Lisch ein Beweis dafür, dass er zu diesem Zeitpunkt erst im Inbegriff war, das Dreiperiodensystem zu erkennen. Wenn die Abfolge seiner drei Klassen eine chronologische Ordnung implizieren soll, dann ist sie nicht richtig. Die Großsteingräber müssten an erster Stelle stehen. Erst 1839 sprach er konkret von einem Dreiperiodensystem. Gerade hier ist die Wahrscheinlichkeit sehr groß, dass er inzwischen von Thomsens Ideen beeinflusst wurde, nachdem Danneil ihn in der Zwischenzeit zusätzlich darauf aufmerksam gemacht hatte, dass die Eisenartefakte in den Hünengräbern durch Nachbestattungen in die Gräber gelangt sein können. Außerdem ist noch nicht einmal sicher, ob die vagen Andeutungen eines Dreiperiodensystems wirklich von Lisch selbst kamen. Das Werk "Friderico-Francisceum" hatte Jahre zuvor Prof. Schröter aus Rostock begonnen. Dieser war zu Studienzwecken nach Kopenhagen gereist und wird bei dieser Gelegenheit Thomsen getroffen haben. Die Ausstellung zeigte zu diesem Zeitpunkt bereits die vorgenommene Gliederung von Thomsen, die er zudem seinen Besuchern bei den Führungen erklärte. D.h. Lisch führte ein Werk fort, welches bereits in der Konzeptionsphase von Thomsen beeinflusst worden war. 

 

Weder Danneil noch Lisch arbeiteten an einem Museum, dessen Magazin einen vergleichbaren Umfang mit den königlichen Museen in Kopenhagen hatte. Thomsen schrieb seine methodischen Grundsätze explizit nieder, sie standen bei ihm im Vordergrund. Aus seinen Briefen geht hervor, dass er seine Ideen bereits in den 1820er Jahren entwickelt hatte: Deutlich früher als Danneil und Lisch. Im Gegensatz zu den beiden deutschen Kollegen schrieb er konkret von einer Stein-, Bronze- und Eisenzeit. Mit Datierungsproblemen und Verzierungsarten setzte er sich ebenfalls direkt auseinander. Im Gegensatz zu Danneil und Lisch beschäftigte sich Thomsen überregional mit Altertümern. Allein aus diesen Gründen kann ihm die Urheberschaft des Dreiperiodensystem zugestanden werden.

Verwendete Literatur

Autor Titel Seite
R. A. Bentley / H. D. G. Maschner / C. Chippendale (Hrsg.) Handbook of Archaeological Theories 14f.
H. J. Eggers Einführung in die Vorgeschichte 9-14,53-74
C. Hostmann Studien zur vorgeschichtlichen Archäologie (Braunschweig 1890) -
S. Hansen Von den Anfängen der prähistorischen Archäologie: Christian Jürgensen Thomsen und das Dreiperiodensystem. Prähistorische Zeitschrift 76, 2001 10-23
J. Jensen The Prehistory of Denmark 1-5
O. Menghin Dreiperiodensysteme – Dreistufentheorien. In: Osmund Menghin – Hermann M. Ölberg (Hrsg.), Festschrift Leonhard C. Franz zum 70. [siebzigsten] Geburtstag. (Innsbruck 1965) 289-296
S. Müller Nordische Altertumskunde: Nach Funden und Denkmälern aus Dänemark und Schleswig 217-241
H. Müller-Karpe Handbuch der Vorgeschichte, Band 1 (München 1966) 1-7
I. Shaw / R. Jameson (Hrsg.) Dictionary of Archaeology 519f.
M. Trachsel Ur- und Frühgeschichte 21-24
C. J. Thomsen Leitfaden Zur Nordischen Alterthumskunde 25-64, 89-93
H. Thrane RGA 30 (Berlin 2005) s.v. C. J. Thomsen 481-484
B. G. Trigger A History of Archaeological Thought: Second Edition 122-129

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