Carl Schuchhardt

Carl Schuchhardt (1859-1943) studierte Archäologie, schrieb seine Doktorarbeit jedoch im Fach "Klassische Philologie". Im Jahr 1909 gründete er die "Prähistorische Zeitschrift". Sie zählt bis heute zu den wichtigsten deutschsprachigen Fachzeitschriften.

 

Nachdem er einige Jahre als Hauslehrer tätig war, widmete er sich der Burgenforschung. Im letzten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts nahm er an der Grabung des römischen Legionslagers von Haltern (11 – 9 v. Chr.) maßgeblich teil. Dort eignete er sich eine neue Grabungsmethode an, bei der zunächst die Humusschicht entfernt und der anstehende Boden „geputzt“ wird. Mit diesem Vorgehen wird ein Planum – eine ebene Fläche – erzeugt. Ehemalige Gruben zeichnen sich dann auf dem geputzten Planum als dunkle Verfärbungen ab. Dies schließt neben schlichten Gruben auch ehemalige Pfosten von Holzbauten mit ein. Das Holz selbst erhält sich in den Mineralböden nicht und zerfällt nach einiger Zeit. Zurückbleiben die Pfostengrubenverfüllung und die Pfostenstandspur. Längst vergangene Pfosten können also noch identifiziert werden. Durch die genaue Beobachtung von Tiefe, Breite und Anordnung der „Pfostenlöcher“ kann sich der Archäologe eine Vorstellung von der ehemaligen Architektur machen.

"Solch ein Erdloch ist unvergänglich"

In einem kleinen "Führer durch die Ausgrabungen bei Haltern" von 1909 beschreibt Schuchhardt die Befunde und Funde, die man in dem Legionslager gemacht hatte. Das Heftchen war für die Besucher der Grabung gedacht und für 60 Pfennig zu haben. Nach wenigen Sätzen weist er bereits auf ein wichtiges Merkmal der Architektur hin: 

>>Gebaut sind alle diese Anlagen nur aus Holz und Erde. Nirgend ist ein Mauersein, sei es Naturstein oder Ziegel, und nirgend ein Bröckchen Kalk bisher gefunden. Die Spuren, nach denen wir die Anlagen erkennen und rekonstruieren müssen, bestehen lediglich in den Einschnitten, die die Gräben der Umwallung, und den Einbettungen (Pfostenlöchern), die die aufgehenden Bauten im gewachsenen Boden hinterlassen haben. Aber solch ein Erdloch ist unvergänglich. Mag es später noch so dicht zugefüllt sein oder mag der Pfosten darin stehen geblieben und verfault sein: stets hebt sich die Zufüllung als lockerer, dunkel gefärbter Boden ab von dem reinen gewachsenen Grunde, der in Haltern meistens ein goldgelber Sand ist.<<

 

Diese Beobachtung war etwas Neues und sie eröffnete den Archäologen die Möglichkeit, vergangene Holzbauten zu erkennen. Schuchhardt stellte noch weitere Beobachtungen an. Er lies die Gräben schneiden und sah sich auch hier genau die Verfüllungsschichten an. Dadurch konnte er an mancher Stelle mehrere Bauphasen ausmachen. Das Dokumentieren von den erkannten Befunden war damals nicht selbstverständlich. Man zeichnete die Grabenprofile und Plana mit Pfostenlöchern, um Tore etc zu rekonstruieren. Die Grabungsarbeiten wurden sogar fotografisch festgehalten.

Haltern: Ein Prestigeprojekt

Für die deutschen Archäologen galten die Ausgrabungen des Legionslagers als ein Prestigeprojekt, für das sogar der Kaiser Wilhelm II Geld bereitstellen lies. Das Lager war der nämlich erste handfeste Beweis für die militärische Anwesenheit römischer Soldaten in Deutschland. Römer und Germanen waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts im Fokus von Philologen und Archäologen.

 

Durch die Entdeckung von Haltern konnten sie einen Einblick die Römerkriege gewinnen. Es gab nicht nur ein großes wissenschaftliches, sondern auch ein öffentliches Interesse an den Grabungen. Man investierte daher viel Zeit und Geld in das Projekt. Die zeichnerische und fotografische Dokumentation setzte für die Folgezeit neue Standards. Letztlich sind durch die sorgsame Grabungsmethode Schuchhardts die Ausgrabungen von Haltern zu einem Meilenstein in der Archäologie geworden.

Die „Römerschanze“ bei Potsdam

Auf der so genannten „Römerschanze“ bei Potsdam konnte Schuchhardt 1908 seine Grabungsmethode einmal mehr unter Beweis stellen. Dort konnte der Ausgräber eine verbrannte Holz-Erde-Mauer sowie ein Pfostenhaus mit einer Vorhalle nachweisen.


Carl Schuchhardt hat den Wert von „Pfostenlöchern“ erkannt und damit den Grundstein für die Siedlungsarchäologie gelegt. Der Kossinna-Schüler Albert Kiekebusch hatte ebenfalls bei den Ausgrabungen der "Römerschanze" in Potsdam teilgenommen und von Schuchhardt viel über Grabungsmethodik gelernt. Er sorgte für eine baldige Verbreitung der neuen Methode und stellte sie selbst unter Beweis als er die bronzezeitliche Siedlung bei Berlin-Buch ausgrub.

Verwendete Literatur

Autor Titel Seite
Eggers Einführung in die Vorgeschichte 24,54-88
Schuchhardt Aliso. Führer durch die Ausgrabungen bei Haltern (Haltern 1909) 1-31, Abb. 6 & 11
Trachsel Ur- und Frühgeschichte 26, 144-150

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