Kuriose Entdeckungen

Die ersten Sammler, welche sich mit den materiellen Hinterlassenschaften aus ur- und frühgeschichtlicher Zeit befassten, taten dies nicht auf wissenschaftliche Weise. Es waren zunächst Laien aus dem 17. Jahrhundert, welche die ihnen "schnell" zugänglichen prähistorischen Hinterlassenschaften, die also noch auf der Erdoberfläche befanden oder bei Grabungen, etwa zum Bau von Häusern oder Anlegen von Gräben, Zufallsfunde machten und diese sammelten. Ihr Interesse daran war aber nicht mit wissenschaftlichen Gedanken im Hinterkopf verbunden - wie auch, wenn es weder das Wort Archäologie noch das wissenschaftliche Fach dazu gab? Es wurde vielmehr deswegen gesammelt, weil es sich aus damaliger Sicht um Kuriositäten handelte. Die Fundstücke galten als um sonderbare Gegenstände, die man nicht richtig zuordnen konnte, weil sie auf ihre Art und Weise exotisch waren. Man hatte zwar schon den Gedanken im Sinn, dass sie aus der Vergangenheit stammen mussten aber eine Vorstellung von dem relativen oder absoluten Alter dieser Kuriositäten sollte man erst am Ende des 19. Jahrhunderts ansatzweise entwickeln können.

"Donnerkeile"

Donnerkeil
Eine jungsteinzeitliche Axt aus Stein. Im Mittelalter wurden Artefakte wie diese als "Donnerkeil" bezeichnet. Quelle: Wikimedia.commons.

Zu diesen als sonderlich empfundenen Fundstücken zählten überwiegend die so genannten "Donnerkeile" und Urnen, welche bei Grabungen und Bauarbeiten gefunden wurden. "Donnerkeile" werden heute korrekter weise als Steinäxte angesprochen. Früher hielt man sie, eben wie die Urnen für seltene Produkte der Natur. "Donnerkeile" seien dem Aberglauben nach durch Blitze entstanden, die in die Erde eingeschlagen waren. Im Norden nannte man sie "Torkeile" und mutmaßte, dass Tor beim Gewitter mit diesen Keilen werfen würde. Wer von einem solchen Objekt getroffen wurde, der starb unmittelbar danach. Sie galten deswegen als beliebte Sammelobjekte, die man mit nach Hause nahm und dort zum Schutze vor Gewittern in den Dachstuhl einbaute.

 Urnen, so behauptete man damals, würden in der Erde wachsen und dies auch nur zu bestimmten Jahreszeiten in begünsteten Böden in gewissen Tiefen. Heute wissen wir, dass diese Urnen von Menschen hergestellt wurden und der Aufbewahrung von Asche verbrannter Angehöriger dienten, so wie es heute auch noch häufig praktiziert wird.

Man erkennt hier sehr gut, dass bestimmte Praktiken und "Rituale" (wie etwa das Beisetzen von Leichenbrand in Urnen) gewissen "Laufzeiten" unterliegen und anschließend in Vergessenheit geraten, sodass später keiner mehr etwas damit anfangen kann und dadurch solche vollkommen falschen Ideen und Theorien über Urnen oder "Donnerkeile" entstehen können. Diese Ideen können nur dann entstehen, wenn eine Gesellschaft ihre Traditionen wie etwa Bestattungsriten oder die Herstellung von Steinwerkzeugen ad acta legt und sich neuen Innovationen zuwendet. Archäologen haben auch deswegen die Aufgabe, beispielsweise diese Alten Traditionen, Werkzeuge etc. wieder neu zu entdecken und zu deuten, weil eben die Vorstellungen, Traditionen, Lebensweisen, Riten, Kulte, Werkzeuge und Informationen der prähistorischen Kulturen vergessen wurden. Der Mensch muss sich selbst wiederentdecken.

Kuriositätenkabinette und Wunderkammern

Die gesammelten Gegenstände wurden neben anderen merkwürdigen Dingen, die nicht prähistorisch waren, in so genannten Kuriositätenkabinetten oder Wunderkammern ausgestellt bzw. zum Verkauf angeboten. Einer der bekanntesten dieser Sammler aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts war der Däne Ole Worm, von dessen Kabinett ein Bild existiert. Er war ein leidenschaftlicher Sammler dieser Altertümer, der sogar danach zu graben begann und seine Grabungen zu dokumentieren versuchte - allerdings ohne irgendeine wissenschaftliche Methode oder Strukturierung. Außerdem interessierte er sich für Runensteine, die es in Dänemark reichlich mit ihren sonderbaren und fremdartigen Inschriften zu finden gab. Er erfasste sämtliche dieser Steine, die uns bis heute in Dänemark bekannt sind (!), fertigte Zeichnungen davon an und trug sie in Karten ein, ohne eine Ahnung davon zu haben, wer die darauf befindlichen Bilder oder Texte erschaffen hatte oder wie alt diese überhaupt waren. Er ist nicht der erste und letzte Däne, der für dieses Studienfach von Bedeutung sein wird.

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